Ausgrabung: Hundorf
Mittelalterliche Großwarften im nördlichen Eiderstedt
Im Rahmen eines Forschungsprojektes zur mittelalterlichen Besiedlung und Bedeichung erfolgten zwischen 1989 und 1991 archäologische Untersuchungen an Warften und Deichen im nordwestlichen Eiderstedt. Bis heute formen hier in Streulage verteilte im Kern meist hochmittelalterliche große Warften mit umgebenden Blockfluren ehemaliger Ackerfelder und lokale Deichsysteme sowie alte Priele und Deichbruchstellen ein sehr gut erhaltenes Bild einer mittelalterlichen Kulturlandschaft in einer Seemarsch.
Charakteristisch für das nordwestliche Eiderstedt sind seit dem Hochmittelalter aus Klei errichtete Großwarften in unregelmäßiger Streulage in einer von Prielen durchzogenen Seemarsch, die seit etwa 1000 n. Chr. aufgelandet war. Niedrige Deiche schützten das Wirtschaftsland, dessen Blockfluren noch heute an die ehemalige von Prielen durchzogene Marsch erinnern. In ihrem Aufbau gleichen diese Groß- und kleineren Hofwarften denen auf den seit der frühen Neuzeit aufgelandeten Halligen im nordfriesischen Wattenmeer sowie den mittelalterlichen Warften auf Pellworm. Die Errichtung der nordfriesischen Halligwarften erfolgte nach einem planmäßigen Bauschema. So entfernte man am Anlageort die Grassoden, um damit die Böschung der Warft abdecken zu können, in einem weiteren Arbeitsgang legte man die Lage der Brunnen (Sod) und des Fethings fest, bevor die Warft planmäßig mit Kleisoden aufgehöht wurde. Dabei mussten gewaltige Kleimassen von den Bauern aufgeschichtet werden. Den Umfang der geleisteten Arbeit mag man in etwa daran abschätzen, dass die 3 m hohe, für ein Wohnhaus errichtete Neu Peterswarft auf Hallig Nordermarsch, in den Jahren 1891 bis 1896 von acht bis zehn Männern aufgetragen wurde. Die größte Halligwarft unserer Zeit ist die Hanswarft auf Hooge. Sie ist NN +3,60 m hoch, misst im Durchmesser etwa 150:200 m, ist etwa 3 ha groß und weist 15 Häuser (Stand 1954) auf.
Warft Hundorf
Im südlichen Verlauf des 1989 untersuchten St. Johannis Koog Deiches liegt an der Straßenkreuzung Poppenbüll-Tetenbüll-Westerhever etwa 2 km nördlich von Garding die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts mit ihrem heutigen Namen erwähnte wüste Warft Hundorf (Hundorp, Karte 1864), die auf den topographischen Karten seit der Mitte des 17. Jahrhunderts vermerkt ist . In der Eiderstedt Karte von Johannes Mejer von 1648, die 1652 der Landesbeschreibung von Danckwerth beigeben wurde, scheint die Warft schon verlassen zu sein; auf einer Karte von 1807, die auch die alten Wegeverläufe vermerkt, ist sie eindeutig als wüst vermerkt.
Die heutige Warft überschüttet im Süden den an dieser Stelle sehr verflachten und nach Westen nur noch an den Verlauf der Sielzüge zu erkennenden Ringdeich des St. Johannis Kooges. Hundorf besteht aus zwei Kuppen mit steil abfallenden Böschungen, in die muldenförmig ein zerstörter Tauteich einschneidet, einer Form, wie er noch auf der nahe gelegenen Großwarft Helmfleth erhalten ist. Die auf einer um NN +0,70 m hohen Marsch errichtete Warft ragt etwa 3,50 m über dem Umland auf und ist schon von weitem sichtbar. Die im 19. Jahrhundert erstmalig im Osten teilweise abgetragene und in den 1960er Jahren weiter verkleinerte Warft weist noch in nord-südlicher Richtung einen Durchmesser von 100 m und in west-östlicher Richtung eine Breite von 40 m auf. Ihre ehemalige Ausdehnung könnte 120:80 m im Durchmesser betragen haben, was einer maximalen Siedlungsfläche von 9.600 m² entspricht. Nimmt man die 30.000 m² große Hanswarft auf Hallig Hooge als Anhaltspunkt, auf der 15 Häuser (Stand 1954) standen, bot Hundorf Platz für theoretisch 5 Hofstellen, ohne dass sich dies jedoch belegen ließe. Die nördliche Warftkuppe (LA 158 B) erreicht eine Höhe von NN +4,20 m, die südliche (LA 158 A) ist etwas niedriger und stellenweise abgetragen. Nördlich dieser Großwarft schließt sich getrennt durch einen Umfassungsgraben eine einzelne Warft an, die einen Durchmesser von 40 m aufweist.
Mehrere Bohruntersuchungen dieser Warft ergaben keine Hinweise auf Siedlungsschichten, so dass es sich möglicherweise um einen Fluchtort für das Vieh bei Sturmfluten handelte. Um die Westseite der Warft führt ein alter erhöhter Weg (Löhn), der vermutlich die benachbarten Warften Dieckpoppenbüll, Hundorf und Marne miteinander verband.
Die Auswertung der paläobotanischen Proben aus den Mistschichten am Rand der ältesten Warftphasen des Hochmittelalters deuten aufgrund hoher Werte von Triglochin maritimum und Spergularia salina auf einen erheblichen Salzwassereinfluss hin. Doch daneben wird es große, selten überflutete Bereiche im Bereich der höheren Salzmarsch gegeben haben. Die Mehrzahl der nachgewiesenen Pflanzen, mehr als 90%, stammt aus der niederen und höheren Salzmarsch. Bei der älteren Probe liegt das Schwergewicht der Herkunft auf der niederen, auch im Sommer oft mit Meerwasser überfluteten Marsch (Queller, Salzschuppenmiere, Strandaster), bei der jüngeren auf der sommertrockenen, höheren Salzmarsch (Salzbinse, Straußgras). Viele Arten der Rubrik (Nasses) Grünland bis höhere Salzmarsch stammen aus diesem Bereich der Marsch. Andere Proben, vor allem aus den Schichten des späten Mittelalters bezeugen aber mit hohen Prozentwerten in der Rubrik Unkräuter und synanthrope Vegetation und mit dem Fehlen von Salzarten, dass die Siedlung selbst außerhalb des Salzwassereinflusses gelegen hat. Die Kulturpflanzenreste Gerste, Weizen, Hafer und Bohne bezeugen den mittelalterlichen Ackerbau. Allerdings erwecken manche Unkräuter den Eindruck als ob die Felder doch andernorts, vermutlich auf dem etwa 1.000 m entfernten, höher gelegenen Gardinger Sandwall gelegen haben. Dort, etwa eine halbe Stunde Fußwegs entfernt, muss man die Äcker vermuten, auf denen Getreide und Hülsenfrüchte angebaut worden sind. Die eigentlich bezeichnende Kulturpflanze des Mittelalters, der Roggen, fehlt in Hundorf aber. Sandunkräuter magerer Standorte wie Spergula arvensis, Rumex acetosella, Scleranthus annuus und auch Knautia arvensis sind in der Marsch schwer vorstellbar. Knautia und Centaurea cyanus sind typische mittelalterliche Unkräuter, die im ersten Jahrtausend fehlen oder selten sind.
Die Dominanz der Salzvegetation im Umland der Warft Hundorf belegt den Grund für den Warftbau und für das Aufschichten des Ringdeiches um den St. Johannis Koog: Das Gebiet ist nicht vor Überflutungen sicher gewesen, nicht einmal im Sommer. Die gute Eignung der höheren Salzmarsch als Heuwiese sowie die der niederen als Sommerweide für das Vieh, das auf diesen Weiden und mit diesem Heu im Winter gefüttert prächtig gedeiht, ist die Ursache dafür, dass man Überflutungen und die Mühe des Warft- und später des Deichbaus in Kauf genommen hat. In der durch einen Sommerdeich geschützten Marsch ist der Anbau von Sommerfeldfrüchten jedoch möglich, da die eingedeichte Marsch sehr schnell aussüßt.
Die Marsch des St. Johannis Kooges ist mit aus etwa NN +0,50 bis +0,70 m nur niedrig aufgelandet. Der Untergrund besteht aus tonigem, jungen Klei über dem Torf der vorrömischen Eisenzeit. Der Grundwasserspiegel liegt im Bereich des Torfes bei durchschnittlich NN ‑1, in sehr trockenen Sommern – wie 1989 – auch tiefer. Auch unter der Warft Hundorf ist diese Schichtenfolge aufgeschlossen: über dem alten Klei folgt bei NN -0,80 bis -1,00 m der bis 0,20 m mächtige, in seinem oberen Bereich erodierte Torfhorizont der vorrömischen Eisenzeit. Darüber lagerten sich über einen längeren Zeitraum etwa 1 m mächtige, tonige Sedimente des jungen Kleis mit feiner Sturmflutschichtung ab. Mit nachlassender Überflutung entstand bei NN +0,69 m um die Jahrtausendwende eine niedrige Marsch.
Warft I mit Erweiterungen
Auf der niedrigen Marsch entstand im hohen Mittelalter eine im Durchmesser etwa 40 m große Kernwarft aus einem NN +2,80 bis +3,30 m hohem Kleiauftrag mit randlicher Sodenbefestigung und daran anschließenden, abgekippten Mistschichten. In der Mitte befand sich ein flacher sog. Tauteich, der später mit Klei verfüllt wurde. Als einzige Bebauungsspuren waren im Ostprofil ein planierter Brandhorizont, evtl. auch eine Wand, im südlichen und im nördlichen Teil der Warft zu verfolgen. Im nördlichen Randbereich schnitt in die randlichen Mistschichten der Kernwarft bei NN +2,40 m eine viereckige, etwa je 2 m lange und 0,40 m tiefe, mit Klei und Mist verfüllte Grube ein, wie in der Grabungsfläche nachgewiesen. Aus der Verfüllung stammt überwiegend hochmittelalterliche Keramik.
Um zusätzliche Siedlungsfläche zu gewinnen, erweiterte man die Kernwarft randlich, wobei man teilweise auch Mist abkippte und diesen mit Klei bedeckte. Der Kleiauftrag der südlichen Warft wurde stellenweise in jüngerer Zeit abgetragen. In den Randbereichen waren im West- und Ostprofil Siedlungs- und Planierschichten zu verfolgen, die teilweise auch in der Fläche dokumentiert wurden. Im Laufhorizont der erweiterten Kernwarft befand sich bei NN +2,81 m die kreisförmige, muldenförmige Eintiefung eines Sodes, der wohl von der Warft II eingetieft worden war.
Der weitere Aufbau der Warft geschah vor allem im Norden mit zwei Phasen . Zunächst erfolgte mit dem tonigen Kleiauftrag eine erste Erweiterung, der sich die Planierschicht eines abgebranntes Hauses zuweisen lässt. In den Brandhorizont schnitten zwei, etwa 0,50 m breite, 1,90 m lange und 0,20 m tiefe Gruben unbekannter Funktion. In die Schichten dieser Ausbauphase reichte ferner ein schmaler Kreisgraben. Kreisgräben kommen in vorgeschichtlichen und mittelalterlichen bis frühneuzeitlichen Marschensiedlungen vor. Meist handelt es sich um Begrenzungen eines Heustapels. Nach dem Abbrand der Bebauung erfolgte wiederum ein Kleiauftrag zur Erweiterung der Siedlungsfläche. Dieser reichte in seiner Höhe nicht bzw. im Osten kaum über das Besiedlungsniveau der Kernwarft hinaus. Als Oberfläche ließ sich im nördlichen Teil der Warft ein stellenweise humoser, mit Holzkohle durchsetzter Klei nachweisen. Der Randbereich war wiederum durch abgekippte Mistschichten charakterisiert.
Warft II
Die jüngste Warftaufschüttung bildete der 1 m mächtige Kleiauftrag der Warft II. Das Besiedlungsniveau des planierten Brandhorizontes lag auf der nördlichen Warftkuppe bei NN +3,80 m. Eindeutige Pfostensetzungen waren nicht vorhanden, sodass es sich um einen Ständerbau mit Sodenwänden oder Fachwerk-Soden-Konstruktion gehandelt haben könnte. Die Breite des Hauses ist mit etwa 8 m anzunehmen. Unter der Brandschicht befanden sich Spuren eines stark verbrannten Kleiestrichs .
Häuser
Aus den Brand- und Planierschichten der mittelalterlichen Warftphasen, die teilweise bei der Vergrößerung und Erhöhung der Warft beseitigt wurden, lassen sich aufgrund der schlechten Erhaltungsbedingungen kaum nähere archäologische Aussagen über Konstruktion und Größe der Häuser machen. Vermutlich bestand die mittelalterliche Bebauung in allen Siedlungsphasen aus Fachwerkhäusern oder Häusern mit Sodenwänden oder Fachwerksodenwänden. Eingetiefte Pfosten waren nicht vorhanden, so dass Ständerbauten wahrscheinlich sind. Anhand der dokumentierten Planierschichten ist eine Breite der mittelalterlichen Häuser zwischen 5 und 8 m anzunehmen, die Länge ließ sich nicht ermitteln. Indirekt können aus den erhaltenen Häusern auf den nordfriesischen Halligen und Inseln sowie aus den Beschreibungen frühneuzeitlicher Chronisten Aussagen über das Aussehen der mittelalterlichen Häuser gemacht werden.
Die seit der frühen Neuzeit bekannten Häuser auf den Halligen sind Einheitshäuser mit Wohnung und Wirtschaft unter einem Dach mit niedrigen Wänden und tief herabgezogenen Reetdächern. Die Häuser stehen in westöstlicher Richtung, entsprechend den vorherrschenden Winden. Ursprünglich handelte es sich um einen Ständerbau mit dachtragenden, etwa 1,5 m tief eingegrabenen Pfosten, die auf Feldsteinen ruhten. Wenn bei höheren Wasserständen auch die Wände eingedrückt werden konnten, so blieben Ständer und Dachkonstruktion noch erhalten. Zwischen der Außenmauer und den Ständern im Innern laufen in der Längsrichtung des Hauses schmale Seitenschiffe mit abgeschrägten Decken (katschur). Erdbücher der frühen Neuzeit belegen, wie viele Häuser sich auf den Halligen drängten. Neben einigen größeren Gebäuden der in der frühen Neuzeit reich gewordenen friesischen Seefahrer gab es kleine Bauten, wie das nur 6,70 m lange und 1,80 m breite Ständerhaus der "Metje Swers" auf der Backenswarft von Hallig Hooge. Eine "Scherwand" trennte das Haus von Norden nach Süden in zwei Hälften mit Wohn- und Schlafstube sowie Flur und Küche. Die Nord- und Südwand waren aus Flutsicherungsgründen naturgemäß stärker gebaut.
Die heute noch erhaltenen oder nach den Brandkassen bekannten Häuser auf den Halligen reichen jedoch nicht weiter als maximal 250 bis 300 Jahre zurück, sodass sich aus diesen Befunden nicht auf die Hausformen des Mittelalters rückschließen lässt. In die Betrachtungen sind jedoch ergänzend die historischen Beschreibungen von Petreus und Heimreich (1688) einzubeziehen, die Wandkonstruktionen aus Erdsoden, Wasen (Strohwülste) oder Reet-Fachwerk beschreiben. Reste einer Sodenwand an der Stallseite sind in dem 1617 erbauten Haus Olesen auf Föhr erhalten, während die Querseite des Wirtschaftsteils und der Spitzgiebel hingegen eine Bretterverkleidung aufweisen. Die alten Sodenwände ersetzen nach und nach Füllungen von Ziegelsteinen und meist weiß getünchte massive Ziegelmauern. Bei einigen alten Häusern war das Fundament durch Feldsteine verstärkt. Die Backsteine der einfacheren, alten Häuser waren mit einem im Laufe der Zeit hart werdenden Muschelkalk verfugt. Die Fußböden bestanden aus gestampftem Lehm, den später eine Holzdiele im Wohnbereich überzog.
Eine Rekonstruktion der hoch- bis spätmittelalterlichen Bauten auf den nordfriesischen Warften ist anhand von Grabungsbefunden derzeit nicht möglich. Aufgrund der meist schlechten Erhaltungsbedingungen in den aus Klei aufgeschichteten Warften und dem allgemein verbreiteten Übergang von der Pfosten- zur Schwellrahmenbauweise lassen sich Ständerbauten nur schwer nachweisen.
Wasserversorgung
Von ausschlaggebender Bedeutung für die Bewirtschaftung und Bewohnbarkeit der mittelalterlichen Warft Hundorf war die Wasserversorgung für Mensch und Vieh. Die Sicherstellung des Trinkwassers muß auch beim Bau mittelalterlicher Warften auf eine ähnliche Art und Weise gelöst worden sein, wie es die rezenten Beispiele auf den Halligen belegen. Eine besonders archaische Form stellen dabei die Wasserreservoire auf den Warften im nordwestlichen Eiderstedt dar.
Solche Tauteiche füllten sich schnell mit Wasser, da in der Nacht mehr Feuchtigkeit niedergeschlagen wird, als tagsüber verdunsten kann. Wenn das Stroh nass wird, hört die Speicherung des Wassers auf. Die nach Hinrichs auch als Tauteich bezeichnete alte Wassertränke der Warft Hundorf wurde im Jahre 1875 beim Straßenbau durchstochen. Die usprüngliche Breite des Tauteichs betrug 19 m, die Sohlenbreite 12,30 m und die Tiefe etwa 2 m. Von dem flachen, muldenförmigen Einschnitt steigen die Seitenflächen unter einem Winkel von 155° zur Horizontalen hin an. In der Höhe der Wasserfläche besaß das Becken eine Breite von 19 m und eine Länge von 36 m, was eine Wasserfläche von über 600 m² ergibt. Die Breite von 19 m scheint etwas hochgegriffen zu sein. Der Fething ist mit Siedlungsschichten des 12. bis 17. Jahrhunderts verfüllt, sein Aufbau war in dem Schnitt nicht klar zu erkennen.
Von der Warft II erfolgte die Eintiefung eines Sodes, dessen unterer, etwa 2 m im Durchmesser großer und noch 0,40 m tiefer Teil des Sodes bei NN +2,81 m erfaßt wurde. Ferner sei auf zwei zerstörte Sodenwandbrunnen hingewiesen: von dem einen sind nur noch die gegenseitig schräg zueinander gesetzten Soden erkennbar, die ein fischgrätenähnliches Muster ergeben. Der Brunnen befand sich unmittelbar südlich des Fethings und durchtiefte den Auftrag der Kernwarft. Der Rest eines weiteren, vermutlich in einen Auftrag der frühen Neuzeit am Randbereich der Warft eingetieften Sodenbrunnens konnte im Schnitt 2 erfasst werden.
Ein weiteres Aufmaß eines Wasserreservoirs liegt von der Nickelswarf vor, die nordwestlich des Poppenbüller Ringdeiches am Fallstief im Verlauf des Heverkoogdeiches liegt. Nach Angaben von K. Burk (1942) besaß der bis 1 m unter der Marschoberfläche vertieft ausgegrabene, 3–4 m tiefe Fething einen Durchmesser von etwa 18 m. An der Basis der mittelalterlichen Großwarft Osterhever stieß Bantelmann bei einer kleinen Ausschachtung auf eine mit Soden eingefasste Wasserleitung, die zum Fething führte. Ausgegrabene Befunde zu Fethingen des Mittelalters beschränken sich jedoch auf wenige sporadische Beobachtungen und Anschnitte. So kam an der Basis der Warft Osterhever-Dorf bei einem kleinen Schnitt von Bantelmann eine mit Soden eingefasste Wasserleitung zutage, die zum Fething führte.
Mehrfach beschrieben ist dabei anhand rezenter Beispiele die Trinkwasserversorgung auf den nordfriesischen Halligen. Die Wasserversorgung von Mensch und Tier war dort streng voneinander getrennt. Im Mittelpunkt der Frischwasserversorgung für das Vieh stand der Fething. Am Rande der Warft sammelt der Schetels Regenwasser und führt es durch Rohrleitungen zum Fething. Auch einige Tränkewasserbrunnen auf der Warft sind mit Rohrleitungen mit dem Fething verbunden. Die Wände der Zisternen (Sode) und der Tränkewasserbrunnen sind im gleichen Zuge mit dem Erdauftrag des Warftköpers allmählich emporgezogen worden. Für den Menschen diente das von den Dächern herabfließende Regenwasser, das durch gepflasterte Rinnen in Zisternen geleitet wurde. Die flaschenförmig aufgebauten, mit Soden und später mit Backsteinen verkleideten Sode wiesen nur eine enge Öffnung auf, um ein Eindringen des Salzwassers zu verhindern. Aus den Zisternen schöpfte man das Wasser mit Eimern, die teils an Brunnenbäumen hingen oder an einfachen Schöpfstangen befestigt wurden. Im Mittelpunkt der Tränkeversorgung für das Vieh stand der Fething, der auf den Halligen bis 1 m in den Untergrund unter der Warft reichte. Am Fuß mancher Warften finden sich als weitere Wasserstellen sogenannte Schetels, von denen mit Holzröhren das Wasser zum Fething geleitet wurde. Durch ein verzweigtes Rohrsystem gelangte das Tränkwasser in brunnenförmige Vertiefungen, die sich meist an den Stallenden befanden.
Ringdeich
Am östlichen Rand der Warft 158 A erfolgte 1991 die Anlage eines 2 m breiten und 6 m langen Grabungsschnittes. Über dem anstehenden, tonigen Klei, der von südlicher Richtung, möglicherweise vom Tief der Leegesee oder vom Fallstief her, nach Norden zu einem Uferwall bis NN +0,80 m aufgeschichtet war, wurde wohl im hohen Mittelalter ein Damm oder kleiner Binnendeich errichtet, der die südliche Fortsetzung des 1989 in zwei Schnitten dokumentierten Ringdeiches bildet. Der hier als Binnendeich angesprochene Auftrag aus Sodenpackungen mit einer stellenweise nachweisbaren Grasnarbe wurde auf dem erhöhten Uferwall aufgeworfen. Seine Kronenhöhe lag bei NN +1,30 m, was der Deichphase I des sonstigen Ringdeichverlaufes entsprach. Der eigentliche Fuß der Sodenpackung konnte in Hundorf nicht freigelegt werden, sodass eine Interpretation als Deich letztlich fragwürdig bleibt. Die in Hundorf als Deich interpretierte Kleisodenpackung lag unter einem bis NN +2 m hohen Kleiauftrag, den zwei jüngere Bodeneingriffe störten. So war am südlichen Rand der heutigen Warft in einer 0,80 m breiten und sich bis auf 0,40 m verjüngenden Pfostengrube ein 0,20 m breiter und 0,70 m langer Pfosten eingetieft. Den rückwärtigen Teil der Sodenpackung störte die Ausschachtung einer Brunnengrube. Von dem zerstörten Sodenwandbrunnen fanden sich Sodenteile in der zuplanierten Brunnenverfüllung. Die oberen 0,40 m bildeten als Planierung ein sandiger, graubrauner Klei mit Ziegelbruch.
Archäologische Funde
Obwohl die dünnen Siedlungsschichten im Unterschied zu den mächtigen, fundleeren Kleiaufträgen sorgsam freigelegt wurden, kamen nur wenige archäologische Funde zutage, die jedoch zu einer sicheren Datierung der verschiedenen Siedlungsphasen ausreichen. Aus den Planier- und Auftragsschichten stammen insgesamt 76 Tierknochen, 29 mehr oder minder fragmentierte Metallreste, ein Stück Schlacke, 3 Glasscherben, 4 Pfeifenreste, ein Ziegelbruchstück, 14 kleine Holzstücke und zwei Muscheln.
Mit 911 Scherben bildet die Masse des Fundgutes die Keramik. Sieht man von etwa 100 frühneuzeitlichen, glasierten Scherben aus dem Fething und dem humosen Bereich unter der Grasnarbe ab, dominiert mit 785 Scherben mittelalterliche, hart gebrannte Grauware. Ferner sind 25 Steinzeugscherben zu erwähnen. In Hundorf fand im Mittelalter ausschließlich einheimische, hart gebrannte Grauware Verwendung. Eine Ausnahme stellt der Fund einer Pingsdorf Randscherbe dar.
Charakteristisch für die Warft I sind braunschwarze, unverzierte Kugeltöpfe hart gebrannter Grauware mit ausbiegenden und abgerundeten oder wulstartig verdickten, in der Regel nur wenig profilierten Rändern. Die ausgebogenen, teilweise gekehlten Ränder sind zumeist deutlich von der bauchigen Gefäßwandung abgesetzt und überwiegend schräg nach außen abgestrichen; weit seltener sind kurze, einfach abgerundete Randprofile vertreten. In der erweiterten Warft I kommen bauchige Kugeltöpfe mit deutlichem Hals, betonter Schulter und stärker profilierten, mit dem Formholz bearbeiteten Rändern in Mode. Neben einfachen Randformen treten nun auch dachförmig gestaltete Ränder auf.
In der Warft II fanden sich neben bauchigen und steilwandigen Kugeltöpfen mit wulstartig verdickten Rändern und dünner Wandung auch solche mit nahezu viereckig profilierten und gekehlten Randprofilen. Vereinzelt ist auch die Benutzung von Kannen nachgewiesen, darunter solcher aus Steinzeug.
Da die stratigraphisch älteste Kugeltopfkeramik in Hundorf überwiegend schräg nach außen abgestrichene und mit dem Formholz bearbeitete Ränder aufweist, wird man den Beginn der ältesten Warftphase nicht vor dem 11./12. Jahrhundert ansetzen können. Innen gekehlte Ränder, wie sie in Hundorf aus Schichten der Warft I mit ihren Erweiterungen belegt sind, leiten in das 12. Jahrhundert über. Die wulstartigen und keulenartigen Ränder gehören ebenfalls in diese Zeit. Mit einem Formholz bearbeitete, dachförmige Ränder kamen in Welt Schichten des 13. Jahrhunderts vor, in Hundorf traten sie vor allem in der erweiterten Warft I auf.
Die viereckig profilierten Randprofile der Warft Welt aus der jüngeren Warft II sind dem 14. Jahrhundert zuzuordnen. Aus Wattfunden im nordfriesischen Wattenmeer sind solche Randformen ebenfalls vor allem aus dem 14. Jahrhundert bekannt. Sie finden Entsprechungen in der Warft II in Hundorf. Die ältesten Funde aus dem 12. Jahrhundert in Hundorf erinnern an ähnliche Kugeltöpfe aus Lütjenbüttel in Dithmarschen. Auch die Höhe dieser Warft betrug wie in Norderbusenwurth und in Hundorf NN +3 m im 12. Jahrhundert. Beide hochmittelalterliche Warften in Dithmarschen wuren im 14. Jahrhundert ebenfalls erhöht.
Zusammenfassende Ergebnisse
Die im nördlichen Teil Eiderstedts auf niedriger Marsch errichtete Warft Hundorf gehört zum Typ der seit dem hohen Mittelalter in schneller zeitlicher Folge mit Klei aufgehöhten Warften. Nach der aus schmalen Siedlungsschichten geborgenen Keramik erfolgte die Errichtung der ältesten, bis NN +3,00 m hoch aufgeschütteten Kernwarft (Warftphase I) im 11./12. Jahrhundert. Im 12. Jahrhundert nahmen die Bewohner eine erneute Vergrößerung vor (Warftphase II). Im nördlichen Teil des Grabungsschnittes ist mit der Warftphase III eine weitere Erweiterung nachgewiesen, die sich in zwei Phasen unterteilen lässt und das fortgeschrittene 12. sowie das 13. Jahrhundert umfasst. Die ältesten Erweiterungen erfolgten stets in der Weise, das über Mistlagen mächtige Kleiaufträge aufgepackt wurden, wobei bis in das 13. Jahrhundert die Siedelhöhe von NN +3,00 m unverändert blieb. Im 14. Jahrhundert erfolgte - wohl als Reaktion auf die teilweise katastrophalen Sturmfluten dieses Zeitraumes - eine Erhöhung auf NN +3,80 m. Am Ende dieses Jahrhunderts fällt die Warft wüst, eine kurzzeitige Wiederbesiedlung mag in der frühen Neuzeit erfolgt sein. Diese ging möglicherweise mit einer erneuten Warftvergrößerung einher, die im Süden den alten Ringdeich überdeckte.
Literatur
Dirk Meier, Mittelalterliche Halligwarften im nordwestlichen Eiderstedt. Die Heimat, Heft 10/11, 1991, 253-262.
Dirk Meier, Landschaftsentwicklung und Siedlungsgeschichte des Eiderstedter und Dithmarscher Küstengebietes als Teilregionen des Nordseeküstenraumes. Teil 1: Die Siedlungen; Teil 2: Der Siedlungsraum. Untersuchungen AG Küstenarchäologie des FTZ-Westküste = Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie 79 (Bonn 2001), Habelt.
Dirk Meier, Die Nordseeküste. Geschichte einer Landschaft (²Heide 2007), Boyens.
Dirk Meier, Die Eider. Flusslandschaft und Geschichte (Heide 2016), Boyens.
Dirk Meier, Die Halligen (Heide 2020), Boyens.
Dirk Meier u. Wilhelm G. Coldewey, Wasserversorgung in den Nordseemarschen von der römischen Kaiserzeit bis in das Mittelalter. In: Deutsche Wasserbauhistorische Gesellschaft (Hrsg.), Chr. Ohlig (Red.), Zehn Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte. Teil 1, 2012, 249–260.
D. Meier u. W. G. Coldewey: Wasserversorgung in den schleswig-holsteinischen Marschengebieten. Grundwasser. Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 20, Heft 1, 3–11