Archäologische Befunde
Die im Durchmesser etwa 350 m große und bis NN +4,00 m hohe, in den mittelalterlichen Deich einbezogene Dorfwurt Norderbusenwurth besteht aus zwei langgestreckten Warftkuppen mit dazwischen liegender, von Westen her reichender Senke, wohl Rest eines alten Priels. Heute liegt hier der Dorfteich. Nördlich von Busenwurth quert der nach Eesch führende mittelalterliche Deich einen breiten Priel .
Einen unverhofften Einblick in den Schichtenaufbau der Dorfwurt bot eine 1996 angelegte Baugrube. Die Ausschachtungsarbeiten meldete die Arbeitsgruppe Küstenarchäologie an das Archäologische Landesamt. In Absprache mit dem Archäologischen Landesamt und der unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Dithmarschen sowie durch das Entgegenkommen der Baufirma Hedde war eine Dokumentation der Baugrube vom 6. bis 20. Juni 1996 möglich. Die Baggerarbeiten hatten aber schon mittelalterliche Siedlungsphasen ebenso wie den Laufhorizont eines an der Basis der Wurt liegenden zweischiffigen Hauses zerstört. Archäologische Funde konnten nicht mehr geborgen werden.
In der zur Verfügung stehenden Zeit wurden Flächen und Profile geputzt und dokumentiert, wobei eine Rückverlegung der Baugrubenwände aufgrund nahe liegenden Aushubs aus statischen Gründen nicht in Frage kam. Daher waren die Schichten im oberen Teil der stark angeböschten und bereits stark ausgetrockneten Profile nicht mehr gut zu erkennen. Obwohl die Bergung stratifizierter Funde nicht mehr erfolgen konnte, war anhand naturwissenschaftlicher Altersbestimmungen und der dokumentierten Stratigraphie noch eine relativchronologische Einordnung der Befunde möglich. Das Ergebnis rechtfertigte dabei eine vorübergehende Stillegung der Baustelle. Eine Bauverzögerung für den Bauherrn trat dennoch nicht ein.
Erste Bohruntersuchungen zur Dokumentation des Schichtenaufbaus der Dorfwurt erfolgten 1993. Die Bohrprofile ließen dabei unter einer etwa 1,5 bis 2 m mächtigen Kleidecke einen differenzierten Aufbau der Wurt aus abwechselnden Mist-, Klei- und Brandschichten erkennen. Eine Brandschicht dicht über der Marsch in einem Höhenniveau von NN +1,20 bis +1,80 m deutete auf eine leicht erhöhte Flachsiedlung hin, die in der Folgezeit mit Klei aufgewarftet wurde. Die 1996 erfolgte Ausschachtung am Denkmalweg erfasste diesen Siedlungshorizont ebenso wie den Rand einer Hofwurt.
Unter dem ersten, sorgfältig mit Kleisoden aufgepackten Wurtauftrag aus schluffigem Klei kam auf der Sohle der Baugrube ein zweischiffiges, in west-östlicher Richtung erbautes, 5 m breites und auf einer Länge von 20 m dokumentiertes Gebäude mit Flechtwänden und einer Reihe dachtragender Innenpfosten zutage. Von der Außenwand war nur der untere Teil der dicht aneinander gesetzten Wandstaken erhalten. Da keine äußeren Wandpfosten oder schräge Außenstützen (äußere Abstrebungen) nachgewiesen wurden, dürfte die Flechtwand somit das Rähm getragen haben. Die in einem Niveau von durchschnittlich NN +1,30 bis +1,38 m erfassten, dachtragenden Innenpfosten waren etwa 0,60 m tief bis in den Untergrund eingelassen. Im Hausinneren befanden sich in der Längsachse zwei flache, mit Siedlungsmaterial verfüllte Gruben; zwei weitere, jüngere Gruben schnitten die Außenwände . Der östliche Abschluss des Gebäudes verlief ebenso wie der nicht in der Baugrube angeschnittene Westteil halbkreisförmig zu. Möglicherweise deutet eine Unterbrechung der Flechtwand auf einen Ausgang hin. Nähere Aussagen lassen sich aufgrund des zu kleinen Baugrubenausschnittes nicht machen. Zwei weitere, sich gegenüberliegende Eingänge dürfte das Gebäude an den Längsseiten besessen haben. Der ehemalige Fußbodenhorizont lag dicht über der auf einer Höhe von NN +1,35 m dokumentierten Sohle der Baugrube. Das Gebäude war auf einem niedrigen Sodenpodest über der etwa NN +1,16 m hohen Marsch errichtet (Siedlungshorizont 1 = SH 1). Eine Datierung dieses Hauses war nur anhand einer Radiokarbondatierung möglich, da archäologische Funde nicht mehr geborgen werden konnten. Mehrere, außerhalb des Gebäude dokumentierte Flechtpfosten ließen sich nicht zuordnen.
Den Bau bedeckte im Bereich der Baugrube der Kleisodenauftrag einer bis NN +2,65 m hohen Hofwurt (SH 2). Da dieser Bereich bereits durch den Bagger zerstört war, ließ sich das Alter des Auftrages nicht mehr anhand von Funden ermitteln. Aus der im Südprofil erkennbaren Siedlungsschicht wurden jedoch ebenfalls paläobotanische und Radiokarbonproben entnommen. Auf dieser, an ihrem nördlichen Randbereich durch die Baugrube angeschnittenen Wurt (SH 2) war auf einem Höhenniveau von NN +2,40 m ein größeres Gebäude (Haus 2) errichtet worden, das sich nur noch in Form dreier Pfostengruben im Südprofil abzeichnete. Den Auftrag der ältesten Wurtphase bedeckte ein weiterer, wohl nur wenig jüngerer, im Kernbereich nur 0,25 m mächtiger Auftrag (SH 3). Bis zur heutigen Höhe von etwa NN +3,30 m folgten dann weitere Kleiaufträge. Die einzelnen, nach Norden abfallenden Wurtenböschungen zeichneten sich deutlich in den Baugrubenwänden sowie in der Fläche ab und bedeckten den im Bereich der Baugrube dokumentierten länglichen Bau.
Von den mittelalterlichen Aufträgen her erfolgte die Eintiefung zweier hoch- bzw. spätermittelalterlicher Sodenbrunnen bis in die wasserführenden Schichten des Untergrundes.
Naturwissenschaftliche Altersbestimmungen
Die Radiokarbondatierung der Proben aus den Befunden des an der Basis der Baugrube erfassten Hauses und der ersten Wurtphase erfolgte durch H. Erlenkeuser vom Leibnitz Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Da die Qualität der Proben sehr gut war und der C-Anteil weit überwog, können keine eingetragenen Huminstoffe das Alter die C-14 Bilanz und das Alter nennenswert verfälscht haben.
Die aus den beiden Pfosten der Mittelreihe des Hauses (SH 1) entnommenen Proben weisen ein Alter von 970 ± 65 BP (Befund 42, KI-4063) und von 980 ± 45 BP (Befund 45, KI-4064) auf, was einem Kalenderalter von 990 - 1190 bzw. 980 - 1215 AD entspricht. Wie eine von Erlenkeuser zusammenfassende Gewichtung der Altersfehler in den beiden Proben KI-4063 und KI-4064 andeutet, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für das späte 11. und frühe 12. Jahrhundert, eine weitere, aber wenig sichere Wahrscheinlichkeit besteht in der Dekade zwischen 1140 bis 1150.
Die dritte Radiokarbonprobe stammt aus der im Südprofil der ersten Aufhöhung zugeordneten Siedlungsschicht, die auf einem Höhenniveau von NN +2,30 m liegt. Allerdings wurde der Kern dieser Wurt nur randlich erfasst. Die Radiokarbondatierung (KI-4062) deutet auf ein Alter dieser Schicht von 890 ± 30 BP, was einem Kalenderalter von 1035 - 1220 AD entspricht. Demnach erfolgte schon kurz nach dem Bau des nur geringfügig aufgehöhten Gebäudes die Errichtung einer Wurt, deren Datierung in das 12. Jahrhundert durchaus wahrscheinlich ist.
Literatur:
Dirk Meier, Ausgrabungen auf den mittelalterlichen Wurten Norderbusenwurth und Lütjenbüttel in Süderdithmarschen, Schleswig-Holstein. Probleme der Küstenforschung 28, 2003, 277-291.